Technische Universität München, Fakultät für Informatik

Dies ist die ausführliche Version eines Artikels erschienen in den TUM-Mitteilungen 4/98, ergänzt um zwei Kursberichte


Die schönste Zeit des Studiums

Die Ferienakademie 1997 im Sarntal von TUM und FAU

Die Ferienakademie im Sarntal ist nun schon im 14. Jahr - sie existiert bereits seit 1984. Sie
wird jedes Jahr von der Technischen Universität München und der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen/Nürnberg durchgeführt. Interessierte Studenten und Professoren verbringen dort zwei Wochen, um in angenehmer Atmosphäre fachlich zu arbeiten, zu diskutieren und sich kennenzulernen. In der reichlich bemessenen Freizeit werden die Berge Südtirols ausgiebig erkundet.

Begründet wurde die Ferienakademie von Professor Friedrich. L. Bauer, um interessierte und begabte Studenten zu fördern. Vor allem Studierende in Gebieten, die für den technologischen Fortschritt ausschlaggebend sind, sollen hierbei angesprochen werden. Insbesondere werden Kurse zu verschiedensten Gebieten aus der Physik, Chemie, Informatik, Mathematik, Elektro- und Informationstechnik sowie Bau- und Maschinenbauwesen angeboten. Es wird regelmäßig ein Kurs durchgeführt, der versucht, interdisziplinär zu arbeiten. Jedes Jahr werden ungefähr 10 Kurse angeboten. In jedem Kurs haben 10 bis 15 Studierende die Möglichkeit mit zwei Professoren (je einer aus Erlangen/Nürnberg und aus München) und je einem wissenschaftlichen Mitarbeiter gemeinsam zu diskutieren, zu arbeiten und die Freizeit zu verbringen. Einige Kurse sind für Studierende, die das Vordiplom noch nicht abgelegt haben; die Mehrzahl der Kurse wendet sich an Studierende nach dem Vordiplom.

Ein Bericht aus studentischer Sicht

Wir (zwei Studenten, die an der Ferienakademie im letzen Jahr teilgenommen haben) wollen nun aus studentischer Sicht berichten, wie die Ferienakademie abläuft, und warum es sich lohnt, daran teilzunehmen.  Interesse an dem Fach muß schon vorhanden sein, geschenkt wird einem die Vorbereitung nicht. Üblich sind drei bis fünf Wochen intensive Vorbereitung. Jeder Student hält zu einem Fachthema einen Vortrag, welches bereits im Sommersemester ausgewählt und besprochen wird. Damit ist klar, daß man einen Teil seiner Semesterferien aufbringen muß, um sich entsprechend vorzubereiten. Genug Zeit für die Vorbereitung bleibt einem jedoch schon, da die Ferienakademie stets während der Oktoberfestzeit (September/Oktober) stattfindet.  Auch Prüfungen, die während der Zeit im Sarntal angesetzt sind, können dort abgelegt werden.

Wie nimmt man an der Ferienakademie teil?

Um an der Ferienakdemie teilzunehmen, muß man sich formal bewerben. Zur Bewerbung gehören neben der Formalia (welcher Kurs, Anschrift, etc.) Zeugnisse, ein Lebenslauf und ein Schreiben an den entsprechenden Kursleiter, warum man an dem Kurs teilnehmen möchte. Bei der Auswahl wird zwar Wert auf gute Noten gelegt, jedoch ist dieses nicht das alleinige Kriterium. Bewerbungsschluß für dieses Jahr ist der 22. Mai 1998.

Untergebracht wird man in vier schönen Gasthäusern im ruhigen, landschaftlich reizvollen Sarntal in Südtirol/Italien. Zwei bis drei Kurse finden jeweils in einem Gasthaus Platz. Dabei wetteifern die Häuser um die beste Bewirtung: die Vollpension schmeckt wirklich hervorragend, und so mancher hat -- trotz der vielen Wanderungen -- das eine oder andere Gramm mehr nach Hause getragen.  Und das Beste: die gesamte Ferienakademie kostet den Studierenden nichts! Durch die großzügige Unterstützung der bayerischen Industrie, insbesondere von Siemens, müssen die Studenten nur die Getränke bezahlen. Der Ablauf der Ferienakademie ist übrigends dank der extrem guten Vorbereitung von Dr. Ehler, Herrn Kuss und Dr. Zimmer sehr gut organisiert. Einen herzlichen Dank an dieser Stelle!

Tagesablauf

Eine Hälfte des Tages wird üblicherweise durch die Arbeit im Kurs verbracht.  Die restliche Zeit wird schnell durch Wanderungen in den schönen Sarntaler Alpen, aber auch Tischtennis- und Schachturnieren, ausgefüllt. Während den Wanderungen und den geselligen Runden am Abend gibt es viele Möglichkeiten, sich gegenseitig kennenzulernen. Besonders interessant sind die sich bei solchen Gelegenheiten entwickelnden Gespräche mit den Dozenten und wissenschaftlichen Mitarbeitern, aber auch mit den Studierenden anderer Fachrichtungen.

Insbesondere die Wanderungen haben es in sich: in wunderschöner Landschaft wird von leichteren Touren bis zur komplizierten Kletterei alles geboten. Gute Wanderschuhe sind in den Bergen ein unbedingtes Muß; auch entsprechende Kleidung ist angebracht, da zu dieser Jahreszeit das Wetter im Gebirge unbeständig sein kann. Petrus hat es in den letzten beiden Jahren sehr gut mit der Ferienakademie gemeint, wir hatten 14 Tage lang nur Sonnenschein. Als erstaunlich fit haben sich dabei die meisten Dozenten erwiesen. Jeder Berg wurde gemeinsam mit der Jugend erobert.

Die Arbeit im Kurs hängt von den Dozenten und den Themen ab. Üblich ist, daß jeder Student ein Referat von ca. einer Stunde hält, über das dann gemeinsam diskutiert wird. Durch interessante Einwürfe kann es schon vorkommen, daß Vorträge mit Diskussion bis zu drei Stunden und mehr dauern.

Am Abend stehen neben Tischtennis, Schach und Diskussionsrunden Vorträge mit anschließenden intensiven Gesprächen mit interessanten Persönlichkeiten aus Wissenschaft und Wirtschaft auf dem Programm. So besuchen neben den Präsidenten der TU und FAU Vorstandsmitglieder von Siemens, Audi, BMW, DASA, MAN und anderen renommierten Unternehmen immer wieder das Sarntal.

Was ist so toll an der Ferienakademie im Sarntal?

Für uns beide war die Zeit im Sarntal eine der schönsten Erlebnisse in der Studienzeit. Der intensive Kontakt zu Dozenten und anderen Studenten hat neue Akzente gesetzt und Freundschaften entstehen lassen. Die fachliche Arbeit in der lockeren, angenehmen Atmosphäre war ein ganz besonderes Erlebnis und unterscheidet sich dramatisch von dem manchmal eher tristen Uni-Alltag. Wenn die Uni doch immer so wie im Sarntal sein könnte! Das Wandern und die gemeinsame Freizeitgestaltung haben dem Sarntal einen Urlaubs-Charakter gegeben, der die Mühen der Vorbereitung schnell vergessen läßt.

                                 Markus Pfefferkorn, Gerhard Müller
Nicht vergessen:
Bewerbungsschluß für die Ferienakademie 1998: 22. Mai 1998
 

Weitergehende Informationsquellen und -hinweise:

WWW: http://wwwzenger.informatik.tu-muenchen.de/FA/

Bewerbungsunterlagen: zu erhalten im WWW (s.o.) oder
  Dr. Herbert Ehler, Raum S 3241, Tel 289-28194,
  Institut für Informatik, Technische Universität München
  Barerstraße 23, D-80333 München
  email: ehler@informatik.tu-muenchen.de
 

Kurse der Ferienakademie 1998
 
 

Kursbericht "Ethik der Technik"

Warum interessierten sich eigentlich Informatiker, Physiker, Mathematiker,Maschinenbauer für einen Kurs mit dem Thema "Ethik der Technik"? Eine Antwort darauf beinhaltet schon der Untertitel des Kurses: "Selbstverständnis und Verwantwortung beim Gestalten von Technik"; denn letzteres ist ja genau das, was wir Studenten der Ingenieur- und Naturwissenschaften einmal tun möchten.

Es ging also darum, technisches Schaffen in ein ethisch-gesellschaftliches Umfeld zu stellen und verschiedene Möglichkeiten seiner Bewertung nachzuvollziehen. Dabei wurde uns bewußt, daß es keinen absoluten"Ethikkatalog" geben kann, anhand dessen Technik bewertbar wird, sondern daß Ethik und Technik beide einer Entwicklung unterworfen sind und sich dabei gegenseitig beeinflussen.

Dieses Prinzip spiegelte sich auch in der Kursgestaltung wider. Im Gegensatz zu den "klassischen" Ferienakademiekursen stand hier nicht der Erwerb detaillierten Fachwissens im Vordergrund, vielmehr sollten die Referate der Teilnehmer als Anstoß eines Dialoges verstanden werden, in dessen Verlauf erst die wesentlichen Inhalte erarbeitet wurden. Dabei verstanden es diebeiden Kursleiter, Prof. H. G. Ulrich und Prof. U. Wengenroth, hervorragend, die Diskussion zu lenken, ohne jedoch direkt einzugreifen. Anregend wirkte die bunte Zusammensetzung der Gruppe, denn auch Studenten der Geisteswissenschaften waren erfreulicherweise in ihr vertreten. Mitunter erhitzte sich die Debatte sogar so stark, daß selbst die erfahrenen Dozenten der schier überquellenden Rednerliste kaum Herr werden konnten.

Was hat das also nun alles gebracht? mag man sich an dieser Stelle fragen. Daß wir kein klar faßbares "Endergebnis" liefern können, bringt das Thema schon mit sich, denn Ethik ist wie gesagt keine Naturkonstante. Dennoch waren sich alle Beteiligten darüber einig, aus diesem Kurs etwas mitgenommen zu haben: Einblicke in andere Denkweisen, Einsicht über die eigene und über die Grundlagen für Entscheidungen. Ergebnisse gibt es also, sie sind nur subtiler: Wir haben gelernt, daß wir die Wandelbarkeit ethischer wie technischer Grundlagen akzeptieren und uns dementsprechend verhalten müssen, das heißt jederzeit dazu bereit sein müssen, die Leitlinien und Ergebnisse unseres Handelns neu in Frage zu stellen.

Für den Kurs "Ethik der Technik" der Ferienakademie 1997 im Sarntal,

Markus Pfefferkorn
 

 Kursbericht  "Anwendung des integrierten Netz- und Systemmanagements auf Leistungsaspekte"

"Toll wars!", "die beste Sache, die mir je in meiner Studienzeit passiert ist", "schade, daß die zwei Wochen schon um sind", "absolut empfehlenswert!": solche und andere Kommentare konnte man gegen Ende des Kurses öfter hören. Und dabei war unser Kurs einer mit eher längeren Vorträgen, hatte doch einige Vorbereitungszeit gekostet. Trotzdem waren sich am Ende alle einig: der Aufwand hat sich gelohnt.

Insgesamt waren wir 15 Leute: Professor Hegering (TU München), Professor Herzog (Friedrich-Alexander Universität Erlangen-Nürnberg), Dr. Neumair und Dr. Dulz als wissenschaftliche Mitarbeiter, sowie 7 Studierende (4 männliche, 2 weibliche) von der TU München, 1 Student von der LMU, sowie 4 Studenten aus Erlangen. Die Mischung verschiedener Unis und Semester (6. und 8. Semester) machte den Kurs zu einem besonderen Erlebnis. Es ist interessant, wie andere über ein Thema denken können.

Unser gemeinsames Thema "Anwendung des integrierten Netz- und Systemmanagements auf Leistungsaspekte" prägte den Kurs. Unter dem Begriff Netz- und Systemmanagement versteht man die Summe aller Maßnahmen zur Planung, Konfigurierung, Steuerung/Überwachung, Fehlerbehebung und Verwaltung von Rechnernetzen und verteilten Systemen unter Vorgabe von betreibergerechten Politiken.

In den zwei Wochen haben wir (Studierende) alle einen sehr guten Überblick über das Netz- und Systemmanagement gewonnen. Durch längere Vortrags- und Diskussionszeiten als in den meisten anderen Kursen üblich bekamen wir manchmal etwas "Beileid" von anderen Kursen. Doch eigentlich mußten wir die anderen Kurse bemitleiden: wir haben nicht nur viel gelernt (das könnte man ja zur Not auch aus Büchern), sondern durch die praktischen Erfahrungen insbesondere von Professor Herzog (unter anderem Leiter des Rechenzentrums an der F.A. Universität) und Professor Hegering (unter anderem Leiter des Leibnitz-Rechenzentums) konnte man einen Einblick in die Praxis bekommen, der in keinem Buch so gut zu finden ist. Die Diskussionen, zusätzlichen Erläuterungen und Nachfragen führten so zu Vortragszeiten bis zu drei Stunden. Der in Pausen auf der Terasse servierte Kaffee und Kuchen schmeckte jedesmal so gut, daß wir gerne manchmal eine zweite Pause gemacht hätten.

Doch nicht nur der Kaffe und Kuchen waren sehr gut, auch die Unterkunft war ausgezeichnet. Der Blick von unseren angenehmen Doppelzimmern in der Pension Hohenegg Gasthof Kircher Hof auf das Sarntal war bei dem schönen Wetter begeisternd, und das Essen im nur zwei Gehminuten entfernten Kircher Hof kann kaum besser sein.


Die Teilnehmer des Kurses "Netz- und Systemmanagement"

Trotz oder gerade wegen der langen Sitzungen hatten wir alle viel Spaß am Wandern. Ob die Kassianspitze, das Latzfonser Kreuz, oder das Weißhorn, alle Berge in der  Umgebung wurden von unserem Kurs erobert. Extreme Bergsteiger waren in unserem Kurs nicht dabei: vom Gelegenheits-Spaziergänger bis zum geübten Bergwanderer kamen alle mit. Auch wenn Professor Hegering meint, er sei sportlich nicht "sooo fit", so konnte er doch sogar dem einen oder anderen  Studierenden zeigen was eine Harke ist: er erklomm auf jedem Berg den Gipfel. Besonders eindrucksvoll war sein Durchhaltevermögen: mit manchmal kleinem, aber extrem beständigen Schritt kam er überall hin.

Wer nun meint, daß ein Tag mit gemeinsamen Sitzungen, Wanderungen und Gesprächen ausgefüllt war, der täuscht sich. Viele von unserem Kurs versuchten sich beim gemeinsamen Tischtennisturnier, welches erst zwischen den Teilnehmern eines Hofes, später Hof gegen Hof ausgetragen wurde. Wir hatten exzellente Tischtennisspieler in unserer Gruppe: auf Studentenseite war unser Hof insbesondere durch Stefan Schäffer in der Lage, unserem Hof zum Sieg über alle anderen Höfe zu verhelfen. Professor Hegering war auch hier wieder in seinem Element: er wies fast alle anderen Teilnehmer unserer Gruppe in die Schranken. Als zweite Turnier-Disziplin wurde Schach gespielt. Der Andrang war hier nicht ganz so groß wie beim Tischtennis, doch auch hier konnten Erfolge verzeichnet werden: der Lokalmatador im Schach (Sohn des Gastwirtes) konnte bezwungen werden, doch den theoretischen Physikern waren unsere Schachspieler nicht gewachsen.

Ein besonderer Höhepunkt war ein Vortrag mit anschließender Diskussion von Professor Weyrich vom Siemens-Vorstand. Die Situation von Siemens, die Herausforderung der Globalisierung, die notwendigen Änderungen, die Chancen von Deutschland, alles wurde in einen Zusammenhang gesetzt. Selten sieht man die Zusammenhänge so schön präsentiert wie von Professor Weyrich.

An den anderen Abenden wurde viel diskutiert, gesiedelt (das Spiel "Die Siedler" gespielt), Skat gekloppt, und zum Leidwesen von  unseren Professoren und wissenschaftlichen Mitarbeitern viel zu wenig Wein getrunken (andere Kurse sollen hier besser gewesen sein).

Der Abschlußabend beim gemeinsamen "Törggelen" war besonders gelungen. Der frische, leicht angegärte Traubensaft des Sommers, der "Federweiße", schmeckte ausgezeichnet. Zum guten Essen gab es dann noch Vorführungen, musikalische Darbietungen und Sketche von allen Kursen.

Schade, daß Professor Herzog nicht die ganzen zwei Wochen Zeit hatte. Ein schöner Ausgleich war ein Nachtreffen in Erlangen Anfang dieses Jahres, mit Vorstellung des Lehrstuhles, Rundgang durch das Erlanger Rechenzentrum und geselligem Zusammensein. Wir sollten mal wieder eins -- diesmal wieder in München -- organisieren!

Uns allen hat die Ferienakademie einen riesen Spaß gemacht. Der enge Kontakt zu Dozenten und Professoren, zu anderen Teilnehmern, anderen Fachdisziplinen, in Verbindung mit einem interessanten Thema und dem Schönen Sarntal lassen nur einen Schluß zu:

"Wer nicht an der Ferienakademie 1998 teilnimmt ist einfach selber Schuld."

Für den Kurs 2 der Ferienakademie 1997 im Sarntal,
 

Gerhard Müller <muellerg@informatik.tu-muenchen.de>
 
Gerhard Müller
Last modified: Fri May 15 22:33:58 CET 1998