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1 Einführung

1.1 Einordnung des Internet Protocols

Das Internet ist in den letzten Jahren äußerst populär, besonders durch die Entwicklung und den Erfolg des World Wide Web. Die Größe des Internets verdoppelt sich seit Anfang der 90er Jahre jährlich [Tan96]. Die Grundlage des Internets ist das Internet Protocol, welches eine zentrale Rolle in der Internet-Protokollfamilie spielt.

Die Aufgabe des aktuellen Internet Protocols wird in der formalen Definition, RFC 791, wie folgt beschrieben:

The Internet Protocol is designed for use in interconnected systems of packet-switched computer communication networks. [...] The internet protocol provides for transmitting blocks of data called datagrams from sources to destinations, where sources and destinations are hosts identified by fixed length addresses.

Das Internet Protocol (kurz IP) stellt einen unzuverlässigen ,,best effort`` Datagrammdienst zwischen Systemen zur Verfügung. Im OSI-Referenzmodell ist es auf Schicht 3 anzusetzen. Abbildung 1 stellt die Einordnung des Internet Protocols in die Internet-Protokollfamilie graphisch dar.

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Abbildung 1: Einordnung des Internet Protocols in die Internet-Protokollfamilie

Seit 1973 wurde das Internet Protocol nicht mehr wesentlich verändert. Im Laufe der Zeit haben sich jedoch die Anforderungen an dieses stark geändert. Ein besonders drängendes Problem ist die geringe Anzahl der noch vergebbaren Class B Netze, und auf Dauer der Mangel an IP-Adressen allgemein. Diese reichen nur noch für wenige Jahre. Aus diesem und anderen Gründen wird im Moment eine neue Version des Internet Protocols entwickelt.

Dieser Text beschreibt die Hintergründe für die Entwicklung einer neuen Version 6 des Internet Protocols (IPv6), welche neuen Möglichkeiten es bietet, und wie die Planung des Übergangs zu der neuen Version des Internet Protocols aussieht.

1.2 Der Standardisierungsprozeß

Das Internet hat eine eigene Organisation, das Internet Architecture Board (IAB). Diese koordiniert die Forschung und Entwicklung von neuen Internet Standards [Com95]. Wie in Abbildung 2 zu sehen, gehören zum IAB, neben dem ,,Board``, der obersten Kontrolle (eine Art Aufsichtsrat) zwei Hauptgruppen: die Internet Research Task Force (IRTF) und die Internet Engineering Task Force (IETF).

Die IETF konzentriert sich mehr auf kurz- und mittelfristige Probleme. Sie ist wiederum in mehrere Bereiche aufgeteilt. Der Vorsitzende der IETF und die Leiter der verschiedenen Bereiche bilden die Internet Engineering Steering Group (IESG), wobei die einzelnen Mitglieder verantwortlich sind für die Koordination der Bemühungen der IETF-Arbeitsgruppen (,,Working Groups``).

Die IRTF koordiniert die Forschungsaktivitäten in Bezug auf die Internet-Protokollfamilie und des Internets im allgemeinen. Wie die IETF, so hat auch die IRTF eine kleine Gruppe, Internet Research Steering Group (IRSG) genannt, welche Prioritäten setzt und die Forschungen koordiniert. Im Gegensatz zur IETF ist die IRTF wesentlich kleiner und auch weniger aktiv.

Die Mitglieder im IAB arbeiten freiwillig; wer spezielles Interesse in einem Bereich hat, kann mitarbeiten.

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Abbildung 2: Die IAB-Organisationsstruktur

Vorschläge für neue oder revidierte Protokolle sowie allgemeine Dokumentation der Arbeit für das Internet erscheinen in einer Serie von technischen Berichten, welche Request For Comments (RFCs) genannt werden. Vorversionen von RFCs werden Internet Drafts genannt. Internet Drafts sind maximal 6 Monate gültig. Werden sie in dieser Zeit nicht erweitert oder ergänzt oder zu einem RFC, so werden sie ungültig. RFCs oder Internet Drafts können sehr unterschidlich lang sein, ein Detail erläutern, oder eine Übersicht über ein Gebiet geben.

RFCs werden aufsteigend durchnummeriert. Jeder RFC, neu oder revidiert, bekommt eine neue Nummer. Daher ist es wichtig, immer nur die aktuellste Nummer/Version eines Dokumentes zu betrachten.

Manche RFCs werden zu einem Standard erklärt. Im Moment (Anfang Juni) gibt es etwa 1950 RFCs, 50 Standards, und rund 500 Internet Drafts. Die wenigsten Internet Drafts werden also zu einem RFC, und die wenigsten RFCs zu einem Standard.

Es gibt eine große Anzahl aktiver IETF-Arbeitsgruppen (rund 75 Arbeitsgruppen in 8 Bereichen). Sie werden unter dem Begriff ,,Network Working Group`` zusammengefaßt. Viele der Arbeitsgruppen sind an der Entwicklung des Internet Protocols und benachbarter Protokolle beteiligt. Die wichtigsten für die Entwicklung von IPv6 sind (mit Abkürzung):

Zusätzlich gibt es eine große Anzahl weiterer Arbeitsgruppen, die sich mit einzelnen Themengebieten, welche nicht direkt zu IPv6 gehören, intensiv beschäftigen, z.B.

Eine Liste der aktiven IETF-Arbeitsgrupen ist unter
http://www.ietf.cnri.reston.va.us/html.charters/wg-dir.html erhältlich.


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Gerhard Müller, Marco Avitabile